Selbstbestimmung im Pferdetraining

Das Recht zur Selbstbestimmung: In der heutigen Zeit ein wichtiges Thema.

Dass man wie früher beruflich automatisch in die Fußstapfen der Eltern tritt oder gar zwangsverheiratet wird, ist in unserer Kultur schon fast unvorstellbar - obwohl es das heute noch gibt.

Die Möglichkeit zu haben, nach den eigenen Wünschen zu handeln, ist für uns mittlerweile zur Norm geworden. Kaum jemand könnte sich noch vorstellen, von den Eltern gesagt zu bekommen, welchen Beruf man wählen oder wen man heiraten muss. Ein grosser Luxus, den wir manchmal wohl fast zu wenig schätzen. 

Ein Pferd ist mehr als seine Abstammung

Selbstbestimmung für sich selbst zu fordern, ist immer einfach. Sie jemand anderem zu gewähren, fällt dem Menschen sehr viel schwerer. Bietet sich die Gelegenheit, scheint der Mensch es zu geniessen, die Dinge nach seinen Wünschen zu gestalten und über etwas bestimmen zu können. Das wiederspiegelt sich auch im Pferdetraining, wo häufig nicht so sehr darauf geachtet wird, was das Pferd eigentlich will.

Man kauft sich ein Springpferd, weil man Springreiten möchte - und das soll es dann auch, schliesslich ist es eigens dafür gezüchtet worden.

Dabei ist ein Pferd doch so viel mehr als seine Abstammung. Es ist ein Wesen mit einem individuellen Charakter, mit Stärken, Schwächen und Vorlieben.

Ich plädiere nicht dafür, Pferde zu sehr zu verhätscheln und zu vermenschlichen. Doch ich glaube daran, das ein Pferd - so wie ein Mensch - das eine Tätigkeit gerne ausführt, diese auch viel besser machen wird - und  dabei natürlich auch allgemein zufriedener ist.

Erfolg durch Kompromissbereitschaft

Nehmen wir als Beispiel ein Springpferd:

Nur dass ein Pferd als Springpferd gezogen und darin auch talentiert ist, heisst noch lange nicht, dass es das auch wirklich gerne macht. Wer sich dies eingestehen kann, der hat schon einen grossen Schritt getan. Doch was fängt man jetzt mit diesem Wissen an?

Natürlich kann man weiterfahren wie bisher und trotzdem normal weiter trainieren. Es gibt genügend Leute, die das tun und es scheint auch funktionieren zu können. Man darf sich dann aber nicht wundern, wenn das Pferd unmotiviert ist, vielleicht Unarten entwickelt oder Verhaltensauffälligkeiten zeigt.

Oder man passt sein Training an. Vielleicht reicht es schon, wenn man den Fokus anders legt, indem man mehr von den Dingen macht, die dem Pferd Freude bereiten. Auch eine veränderte Herangehensweise, vielleicht auf eine spielerischere Art, kann viel bewirken. Oft liegt die Abneigung einer bestimmten Disziplin auch einfach daran, dass es darin wiederholt überfordert wurde.. Gerade wenn man ein ohnehin in seiner Disziplin talentiertes Pferd hat, braucht es in dieser meist weniger Training, als man meint.

Wer sich darauf einlässt und sein Training anpasst, der kann möglicherweise die Motivation seines Pferdes neu entfachen. Denn nur wenn Talent und Motivation vorhanden sind, lassen sich Höchstleistungen erreichen.

Augen auf beim Pferdekauf

Nicht zuletzt sollte beim Pferdekauf vielleicht auch mehr darauf geachtet werden, mit welcher Motivation das Pferd bei der Sache ist. Wirkt es gestresst oder unmotiviert - oder ist es eifrig dabei? Ist es tatsächlich aus Freude motiviert, oder aus Angst vor drohenden Konsequenzen?

Es ist sicher nicht ganz leicht, das herauszufinden. Doch mit einwenig Feingefühl kann man sicher einiges erkennen. Es lohnt sich!

Gemeinsam neue Wege gehen

Sich eingestehen zu können, dass die Vorlieben des Pferdes nicht mit den eigenen übereinstimmen, zeigt echte Grösse.  Die eigenen Wünsche und Ziele dann sogar hinten anstellen kann,  der hat das Potenzial, sein Pferd als echten Partner zu gewinnen. Als Partner, der Freude hat und Freude macht. Auch wenn das unter Umständen heissen kann, von alten Zielen abzusehen und gemeinsam neue Wege zu suchen. Wer weiss, vielleicht entdeckt man ja gemeinsam eine neue Leidenschaft :)

Auf sein Pferd zu hören kann manchmal unbequem sein. Doch ich glaube fest daran, dass man auf diese Art langfristig einfach viel mehr Freude mit seinem Pferd haben wird!

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